Lieber lustvoll mitentscheiden!      Seit 20 Jahren


Im Januar 2001 referierten die St.Galler Regierungsrätin Kathrin Hilber und die stellvertretende Vorsitzende der SPD, Renate Schmidt, an einer Tagung zum Thema „lieber lustvoll mitentscheiden, als die Last fremder Entscheide tragen“.  

 

Da bei solchen Tagungen die Gefahr besteht, dass der Tag selber sehr interessant und anregend verläuft, dass aber daraus keine weiter führenden Aktionen entstehen, wurde an diesem Tag die Idee einer jährlichen Preisverleihung gestartet. Der Prix Wasserfrau war geboren. Es ist die Absicht, jedes Jahr über die Aktivitäten von Frauen, Organisationen und allenfalls auch Männern zum Wohl der Frauen in der Bodenseeregion nachzudenken, zu informieren und gegenseitig, länderübergreifend Ideen auszutauschen. 

                                                                                 Bildlegende: Foto von der Bronzestatue für die Preisträgerinnen

 

Mittlerweile gibt es den PRIX WASSERFRAU seit 20 Jahren. 

20 Jahre Prix Wasserfrau – ein Blick zurück

Der 1. Prix Wasserfrau wurde 2002 verliehen. Dieses Jahr kann der Bodensee-umspannende Preis für besondere Leistungen zugunsten von Frauen und Mädchen also sein 20-Jahr-Jubiläum feiern. Da ist ein Blick zurück auf ehemalige Preisträgerinnen in den drei Ländern durchaus angebracht.
Der Fokus richtete sich auf drei Fragen:
Wie geht es dem Projekt, das zusammen mit der Preisträgerin prämierte wurde, jetzt? Was macht die Preisträgerin heute? Und wo steht die von der Künstlerin Irene Thoma geschaffene und jedes Mal neu colorierte Preisfigur?

A.I.D.A, seit 2013 einfach Aida, 1. Preisträgerin 2002

Aus dem 1992 in St. Gallen gegründeten Verein (Alphabetisierungs-, Integrations- und Deutschkurse für Ausländerinnen), der mit einem einzigen Kursraum die Arbeit aufnahm, ist heute ein professionelles und innovatives Kurszentrum geworden. Momentan besuchen 275 Teilnehmerinnen 37 verschiedene Kurse und 61 Kinder belegen Kinderkurse. Aus einem sind sieben Schulzimmer geworden. Dazu kommen zwei Räume für Kinderkurse und zwei Cafeterias. Aida, mit sechs Gründerinnen, fünf Kursleiterinnen (die Gründerinnen waren teilweise auch Kursleiterinnen) und einer Geschäftsleiterin gestartet, ist heute ein Team mit 28 Mitarbeiterinnen und sieben Vorstandsfrauen. Der Umsatz betrug 2021 1.4 Mio CHF, die Hälfte davon muss Aida selbst erwirtschaften. Die andere Hälfte wird gedeckt durch Leistungsverträge mit Stadt und Kanton St.Gallen sowie dem Kanton Appenzell Ausserrhoden. Heute ist Aida als Bildungsangebot in der Ostschweiz nicht mehr wegzudenken.

 

Von den Gründerinnen ist keine mehr in einer beruflichen Funktion bei Aida. Bernadette Bachmann, Präsidentin von 1992 bis 2002, war danach Leiterin der Fachstelle Deutsch und Integration bis zu ihrer Pensionierung 2020. Sie hat in dieser Zeit ein grosses Netz von Deutschkursen für fremdsprachige Frauen im ganzen Kanton aufgebaut und war auch für deren Qualitätssicherung zuständig. Heute ist sie noch mit Aida verbunden durch Stellvertretungen. Seit ihrer Pensionierung engagiert sie sich mehr im Solidaritätshaus St. Gallen, wo sie unter anderem die Ladys Days, an denen Flüchtlingsfrauen und Migrantinnen über verschiedenste Themen informiert werden, mitorganisiert. Sie hat nun auch mehr Zeit für ihr Hobby, das Wandern.

Dieses Jahr feiert Aida ihr 30-jähriges Bestehen und startet als Aida | Bildung + Begegnung in ein neues Jahrzehnt.

 

Helga Bayha, 2. Preisträgerin 2003

2003 erhielt Helga Bayha aus Weingarten den Preis für ihr Engagement zugunsten von Kinderkrippen – lange bevor man um den Bodensee herum überhaupt davon sprach. Sie erkannte früh, dass viele Frauen nicht wussten, wie sie die Situation meistern sollten, wenn sie während ihrer Ausbildung Mutter wurden. Es gab ja kaum Betreuungsplätze. Für Familien mit geringem Einkommen waren diese Plätze zudem fast unerschwinglich. So gründete sie 1984 den Verein Kindernest Ravensburg/Weingarten und 1985 konnte in einer Wohnung mit 56 Quadratmetern ein Betreuungsbetrieb mit 10 Kindern eröffnet werden.

Frau Bayha meint auf Anfrage, sowohl sie als auch ihre prämierte Arbeit seien in die Jahre gekommen, aber beide erfreuten sich an Aktivität und Nachfrage.
Das Kindernest e.V. galt 24 Jahre als Leuchtturm-Projekt, und war mit null (!) Schliessungstagen, 40 Kindern, z.T. sechs bis acht Mitarbeitenden und einem Etat von 300’000 € schliesslich  für einen Verein in freier Trägerschaft nicht mehr zu bewältigen. Es wurde aber zum Vorbild für viele Kitas, denn es war bekannt, beliebt, geschätzt und gefragt. Zahlreiche Kitas wurden danach in Weingarten und im Landkreis Ravensburg gegründet, die Nachfrage war und ist nach wie vor ungebrochen, die Angebote sind differenziert.

2009 übergab Frau Bahya das Kindernest dem Deutschen Roten Kreuz DRK, das unter dem Namen "Kinderhaus Bullerbü" eine Kita mit dem Konzept "Kinderstube der Demokratie", mit eigener Kita-Verfassung, erarbeitete und vorbildhaft führt - ganz nach Anregungen von Astrid Lindgren.
Heute beleben rund 60 Kinder in verschiedenen Gruppen das grosse Haus.

 

2013 erhielt Helga Bayha das Bundesverdienstkreuz für ihre politische Arbeit im Behinderten- und Sozialbereich. Heute hat sie eine grosse Familie mit zwei Töchtern, vier Enkel- und vier Urenkelkindern. Sie ist ihr "grosser Schatz" und die Nachkommen werden von Frau Bayha in ihrer Entwicklung mit Herzblut und auch mal finanziell unterstützt.

 

 

Elisabeth Stöckler, 4. Preisträgerin 2005

 

Elisabeth Stöckler war Initiantin und erste Leiterin des im Jahr 2000 gegründeten Frauenmuseums in Hittisau im Bregenzerwald. Es ist immer noch das einzige Frauenmuseum in Österreich und sogar das einzige im ländlichen Raum weltweit. Aufgabe des Frauenmuseums war und ist es, die Welt aus Frauensicht darzustellen - die Auseinandersetzung der Frauen mit ihrer natürlichen und gesellschaftlichen Umwelt und die daraus entwickelte frauenspezifische Kultur. Die Jury war damals sehr beeindruckt von dieser einzigartigen Idee und den gewählten Ausstellungsthemen.
Die Geschichte des Frauenmuseums ist eine Erfolgsgeschichte. Das zu Beginn noch kleine Pionierprojekt mit einer professionellen Halbtagsstelle und ehrenamtlich tätigen sowie stundenweise bezahlten Kulturvermittlerinnen aus dem Dorf hat heute mehrere Angestellte. Es ist zu einem international angesehenen und etablierten Frauenmuseum geworden und hat inzwischen diverse renommierte Auszeichnungen erhalten. Fachwelt und Publikum sehen das Frauenmuseum gleichermassen als ein hervorragendes Beispiel für Kulturarbeit im ländlichen Raum.
Schon bei der Gründung des Museums hat Elisabeth Stöckler auf Frauen aus der Umgebung gesetzt. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Die Kulturvermittlerinnen kommen aus der Region und repräsentieren nach wie vor alle Generationen. Sie alle waren und sind die reelle und ideelle Stütze des Hauses.
Seit dem Jahr 2000 wurden mehr als 45 Ausstellungen konzipiert und verwirklicht. Sie sind unbedingt einen Besuch wert. 

 

 

Frau Stöckler leitete das Museum bis 2009 und freut sich darüber, dass sie im Vorstand des 2011 gegründeten FÖRDERVEREINS FRAUENMUSEUM HITTISAU wirken kann. So bleibt sie dem Museum weiterhin verbunden. Beruflich ist sie heute in der staatlichen Kulturförderung von Liechtenstein tätig.

 

 

 

Der Prix Wasserfrau ist als eigenständiger und parteiunabhängiger Verein konstituiert. Lesen Sie weiter: hier